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Was ist ADHS eigentlich?

Bei ADHS ist ein Teil des Gehirns meistens – wenn man es mit Neurotypischen als das Ideal vergleich würde – zu sehr im Stand By Modus – also „unterstimuliert“. Das Botenstoffsystem im Gehirn “funktioniert (sozusagen) anders” und es werden dadurch viele alltagstypische Prozesse und auch kognitiv-emotionale Filter weniger automatisch als bei Neurotypischen angesteuert.

 

Das kann z.B. bedeuten: zu wenig daran zu denken, dass man daran denken könnte, was man noch im Kühlschrank hat.  – sowie hierfür eigene Lösungen des Sich-Erinnerns oder Sich-Motivierens erarbeiten zu müssen. (Handy-Wecker, Apps, Post-Its,…) Und im Positiven z.B. bei Themen, die einen faszinieren, die Finger nicht davon lassen zu können, hochfokussiert immer tiefer einzutauchen. Weiterentwicklung sowie Abwechslungsreichtum zu begrüßen und in intensiven Momenten im Job besonders glasklar denken, sich ausgeglichen fühlen und kompetent handeln zu können.

Auch ADHS ist eine Form der Neurodivergenz, also des von Geburt an untypischeren Gehirns. Es gibt Formen, welche –aus Defizitsicht- mehr durch äußere Hyperaktivität (häufiges Wechseln von Interessen, Abbrechen von Tätigkeiten,…Bedarf nach Action, Bewegung (geistig, körperlich..) oder mehr mit dem Schwerpunkt der – „Unaufmerksamkeit“ (eigentlich eher: wandernde Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit im Außen, im Suchen; mehr in die Breite denkend als bei Neurotypischen – weniger von A nach B) versehen sind. Und oder eine “geringere Bremse” kann sich zeigen – das kann sich u.a. in intensivierten Gefühlen als auch kognitiven Prozessen äußern.

ABER: Die Aufmerksamkeit bei Themeninteresse, in Krisen und in passenden, innovationsfreundlichen Umgebungen ist stark fokussiert/gebündelt (=Hyperfokus). Auch Mischformen und weitere Formen von ADHS gibt es – es ist eben ein Spektrum.

ÜBER DIE AUTORIN:

Pusteblume Davida

Davida Zoey ist Asperger-Autistin, queer, hat einen Magister in Psychologie und begeistert sich für Basketball. Ihre Artikel sind inspiriert von Neugier, Leidenschaft, Humor, und kritischer Reflexion.

Wie kann man sich ADHSler:innen vorstellen?

Jede:r ist anders, aber um ungefähr ein Feeling zu bekommen, hier nochmals – etwas ausführlicher – einige Beispiele:

Voller Energie und Freude neue Kolleg:innen und neue eigene oder berufliche Projekte begrüßen bzw. starten und genießen. Das Ausprobieren an sich zu brauchen und dabei aufzublühen. Sich anfangs mitunter in neuen Fachgebieten überladen zu fühlen – mit der Zeit aber bei gleicher Intelligenz einen Lernvorteil zu zeigen. Weiterentwicklung zu genießen und anzustreben. Dabei voll fokussiert zu sein und immer am Punkt, weil das Neue im Interessengebiet fasziniert und fesselt.

Die Anderen im Team begeistert mitreißen – bzw. sich mitreißen lassen – und ein offenes Ohr haben für Pannen und Peinliches – gut im Ermutigen sein. Vielleicht einen ausgeprägten Humor haben – zumindest eine antrainierte Zähigkeit und die Fähigkeit, guten Humor zu entwickeln.

Und last, but not least: In facheigenen Stressmomenten und Krisensituationen sichtlich brillieren – durch Hyperfokus und dadurch, dass genau ein ADHS-Gehirn für das geschaffen ist, worin Neurotypische sich weniger wohlfühlen würden.

Anders formuliert: ADHS kann sein …

Wenn du jeden Tag beinahe (und ab und zu tatsächlich) deine Schlüssel oder deine Geldbörse vergisst – und du, wenn du mal nichts vergisst, heimlich innerlich in Jubelstürme ausbrichst (die kein nicht ADHSler nachvollziehen könnte).

Wenn du dich zum 2. Mal im selben Gespräch mit einem Freund darin ertappst, dich wegzuträumen, während dein Gegenüber dir gerade etwas mitteilt, bei dem du eigentlich gut und intensiv zuhören willst (dein eigenwilliges Gehirn aber seine eigene – von dir unabhängige – Entscheidung trifft – nämlich, sich wegzubeamen) – du dich dann schämst und  natürlich schaust, dass du schnell wieder den Faden findest  – oder als Ersatzstrategie so tust, als wüsstest du, was gerade gesagt worden ist.

Beziehungsweise du schon öfters auch den Faden (durch die lebenslange Übung genau solcher, unangenehmer Abdriftereien) wieder halbwegs findest und mit ein bisschen altruistisch + gleichzeitig selbstschutz-mäßig gemeinter Schauspielerei den Einstieg erfolgreich genug wieder findest, sodass dein Gegenüber manchmal gar nicht mitbekommt, dass du gedanklich „weg“ warst.

Wenn du genau deshalb bei anderen Themen wiederum oft das Gefühl hast, du weißt schon längst, was dein Gegenüber die nächsten 5 bis 15 Sätze lang erzählen wird und sich (leider – denn das ist oft langweilig) regelmäßig herausstellt, dass genau das der Fall ist.

Wenn dich alltägliche Tätigkeiten, wie Putzen oder Kochen eigentlich jedes Mal wieder überfordern: das Daran-Denken, Beginnen, Weiterführen oder Beenden -und die Leute dich dadurch manchmal für faul, charakterschwach und ähnliches halten. (Du das aber durch Post-Its oder Motivationshilfen ein bisschen auszugleichen lernst).

Wenn du weißt, dass du etwas durch und durch tief verstehst, aber durch dein anders funktionierendes Botenstoffsystem im Gehirn – dein Wissen schlechter „vorzeigen“ kannst – (bei Krisen oder im Hyperfokus sind diese Themen kein Problem bzw. das Wissen fließt trotzdem mit ein.)

Mann mit Buch
Wenn dein Gehirn fadisiert und getrieben zugleich ist – (wenn es nicht gerade spielt – und zwar das spielt und lernt, was es am liebsten spielt und lernt) – und du Schuldgefühle, wenig Selbstbewusstsein, sowie viele Narben davon trägst, und du dich wunderst, dass alle anderen ihre Dinge komischerweise so gut hinkriegen und nur du auch bei “absurd einfachen” Dingen gar nichts hinkriegst – obwohl du weißt, dass du eigentlich ein Gehirn hast – vielleicht sogar ein grundsätzlich (gut) Funktionierendes.Wenn du – mitten in der größten Krise – plötzlich das Gefühl hast, dein Gehirn ist komplett da und du in diesen Momenten besser als jeder Andere funktionierst.

Wenn du einige Länder bereist, oder einige Instrumente, Speisen oder Weiteres aus Spaß an Neuem durchprobiert hast und vielleicht zu einer gewissen Sehnsucht nach einer freundlicheren Welt neigst.

Wenn du ein Teamplayer bist und öfter ein gutes Gespür für die Probleme anderer im Team hast und an deren fair-harmonischer Lösung interessiert bist.

Wenn du an jedem spontanen Einfall deiner Freunde oder Arbeitskollegen gerne begeistert teilnimmst.

Wenn du, wo andere über Innovation stöhnen, diese genießt, umarmst und begeistert willkommen heißt und unterstützt (vielmehr sogar ersehnst).

Und wenn du von kaum einem Sinn oder Unsinn, den dein Gegenüber dir erzählt, geschockt bist, weil du selbst mit Sicherheit schon größeren Sinn und Unsinn (erst letzte Woche oder gestern oder vor 1 Stunde wieder) erlebt, produziert oder gedacht hast, ohne es angestrebt zu haben.

Und dir somit manche gerne Absurdes erzählen, weil sie wissen, dass dich das nicht aufregt – du aber gefühlt kaum jemanden finden könntest, dem du deine absurdesten Geschichten auftischen könntest – da dich diese Personen danach niemals wieder als verantwortungsvolle Person einstufen würden 😉 (obwohl du es eigentlich sehr wohl bist).

Wenn du im Flow aufgehst, wenn es um dein Interesse geht – und dabei auf Ideen kommst und hochfokussierte Energieschübe über Stunden hast, die dich als ADHSler gänzlich unglaubwürdig erscheinen lassen, weil man vom Hyperfokus der ADHSler zu wenig in unserer Gesellschaft weiß!

Wenn du immer wieder dazu lernst – nie gerne beim bereits Bekannten stehen bleibst, was deine Interessen angeht – da dich Neues sowieso mehr interessiert als altbekanntes Wissen – und dadurch in deinen Bereichen vielleicht eine tolle Expertise mit gutem Rundum-Blick entwickelt hast.

 

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