Mit neurodiversen Teams in den Fahrersitz der Digitalisierung.
Gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern RBI, PwC und Nagarro lud Specialisterne Austria dieses Jahr in den DC Tower zum Netzwerken. Das Social Business identifiziert, qualifiziert und vermittelt Talente mit Autismus in die Wirtschaft. Rund 80 geladene Gäste – darunter Kooperationspartner, Unterstützer, Wegbegleiter und Interessent*innen – folgten der Einladung zum hochkarätig besetzten Podium. Karin Bauer führte durch das kurzweilig gestrickte Programm. Hier eine Zusammenfassung der Highlights zum Thema „Skills of Tomorrow – Kompetenzen der Zukunft“.
Die Digitalisierung bringt Herausforderungen mit sich, die es zu lösen gilt. Nicht immer ist sofort klar, was es braucht, um diese zu bewältigen. Doch Eines brauchen wir ganz sicher: Einen neuen Mindset. Mit seiner Keynote zum Thema „Zukunft der Arbeit“ brachte Andreas Hladky, Gründer von point of origin, dies rasch auf den Punkt. Seit rund 20 Jahren begleitet er Unternehmen bei Transformationsprojekten. In Europa hinke man im Vergleich zu China oder den USA ehrlicherweise hinterher. Die größte Bremse sei die Art und Weise, wie Unternehmer, Führungskräfte und Teams auf Fragestellungen digitaler Geschäftsmodelle zugehen würden. Doch wie wird neues Denken, Offenheit für Veränderung, Mut Etwas auszuprobieren initiiert und gefördert?
Gerade auch in Zeiten des technologischen und gesellschaftlichen Umbruchs bleibt der Mensch unbestrittener Erfolgsfaktor. Doch welche Kompetenzen brauchen (neue) Mitarbeiter*innen, Kolleg*innen und Chef*innen, um digitale Erfolge zu schreiben? Und wie können die Talente aus dem autistischen Spektrum hier eingeordnet werden?
Zu Beginn des Jahres rekrutierte die RBI gleich vier IT Talente über Specialisterne. „Am Anfang braucht es interne Überzeugungsarbeit, um optimale Einsatzbereiche gemeinsam herauszuarbeiten,“ verweist Christina Reiter, Head of Recruiting und Employer Branding der RBI, auf die zentrale, gestalterische Rolle, die HR hier spielen kann. Die Leute intern abzuholen, die richtigen Randbedingungen zu schaffen und auch Werkzeuge bereitzustellen, damit es gelingen kann, ist kein kleines Unterfangen. Aber es lohnt sich. Specialisterne sieht sie als wertvollen Wegbegleiter, vom Match Making bis hin zur weiteren Begleitung der Talente und Teams.
„Das gemeinsame Optimieren des Tätigkeitsprofils, des Arbeitsplatzes und das Finetuning der Zusammenarbeit im Team – auch über einen Kick-Off Workshop – ist die Basis dafür, dass unsere Autist*innen ihr volles Potential entfalten können. Je nach Firma und Kandidat sieht das natürlich ein wenig anders aus,“ gibt Kuno Gruber, Mitglied der Geschäftsleitung von Specialisterne Austria Einblicke in diesen Prozess. Die Rückmeldung der Unternehmen zeige, dass dieser stärkenorientierte Zugang nicht nur für die Talente von Specialisterne sinnvoll ist.

Der gesamthafte Blick auf die Organisation und seine Spieler ist auch bei PwC der rote Faden Richtung Zukunft. Erfrischend sei außerdem die Ehrlichkeit, die Kolleg*innen aus dem Autismus-Spektrum mitbringen. „Wann bekommt man sonst schon ehrliches Feedback, speziell in Führungspositionen,“ unterstreicht Thomas Steinbauer, Corporate Responsibility Leader bei PwC Österreich, seinen Wunsch nach einer neuen Kultur der Zusammenarbeit. Offenheit und Vertrauen seien für nachhaltige, gemeinsame Erfolge unabdingbar. Klare Rückmeldungen würden Managern helfen ihre Leadership Skills weiter zu verfeinern.
Hannes Färberböck, Managing Director von Nagarro Austria, nahm schließlich die Kompetenzen in den Fokus, welche es für revolutionäre Technologien, Anwendungen und erfolgreiche Geschäftsmodelle benötigt. Vor dem Hintergrund voranschreitender Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz und der zunehmenden Vernetzung aller Bereiche, braucht es natürlich Fachkompetenz, aber ebenso eine lange Liste teils sehr unterschiedlicher Eigenschaften. Kein einzelner Mensch würde das alleine stemmen – auch nicht in Zukunft. Demnach brauche es die richtigen Teams, welche die nötige Fülle an Fertigkeiten und Fähigkeiten mitbringen.
Seine Überzeugung, dass in diesem Kontext speziell auch Kolleg*innen mit Autismus-Diagnose ein Gewinn sein können, bringt er mit seinem langjährigen Engagement für TestingPro zum Ausdruck. Gemeinsam mit Specialisterne entwickelte Nagarro Austria ein autismusgerechtes Ausbildungsprogramm zum Software-Tester mit anschließender Job-Vermittlung über das Social Business. Auch der Gründer von Tricentis, Wolfgang Platz, bringt sich mit seinen Trainern in diese sozial innovative Qualifizierungsmaßnahme. So schließen Absolvent*innen mittlerweile mit ISTQB und Tosca Zertifizierungen ab.
Diesen Herbst fand bereits der vierte Durchgang statt. Quereinsteiger werden hier zu Ausnahmetalenten, die ein Bündel an Tools und Know-how mitbringen, wie es sonst selten ist. Die Stärken autistischer Wahrnehmung kommen darüber hinaus im Feld des Software-Testens bestens zum Einsatz. Außerdem bedeutet die Zielstrebigkeit, die Austist*innen mitbringen, dass sie sich auch enorm rasch in neue Aufgabenstellungen einarbeiten.
Von den rund 300 potentiellen Bewerber*innen im Jahr 2018 nahmen rund 130 an umfassender Auswahl- und Qualifzierungsmaßnahmen bei Specialisterne teil. Hierbei werden die einzelnen Stärken und Interessen identifiziert und weiterentwickelt – laut Gruber, ein wesentlicher Baustein des Erfolgsrezepts.
TestingPro sowie auch die AMS-gestützte Talenteschmiede sind wertvolle Sprungbretter zu einem erfüllenden Job in der IT oder Qualitätssicherung. Aber auch die Branche profitiert, denn gute Software-Tester oder Data Analysts sind nach wie vor Mangelware. Zudem leide man speziell in diesen Bereichen an hoher Mitarbeiter-Fluktuation, denn die gefragten Talente sind hart umworben und mobiler als je zuvor. Oder die Aufgabe verlangt so viel Durchhaltevermögen, sodass neurotypische Mitarbeiter das notwendige Übel gerade mal als Zwischenstation auf der Karriereleiter nutzen.
Autist*innen wechseln bekanntlich eher selten ihren Arbeitsplatz. Wenn sie einmal angekommen sind, bevorzugen sie Beständigkeit. Das bestätigen gleich zwei Talente, die in den vergangenen zwei Jahren über Specialisterne ihren Traumjob bei Takeda gefunden haben. Gemeinsam mit Tina Grohmann, Supervisorin der Qualitätsabteilung Site Engineering bei Takeda, erzählen sie von ihren Erfahrungen – mit Specialisterne und Takeda, mit dem Kennenlernen ihrer neuen Chefin und ihres Jobs. Beide Talente, in ihrer neuen Rolle als QSE Administratoren verantwortlich für „Digitalisierung und Datenvisualisierungen“ betonen, wie sehr sie es schätzen, dass ihr Anderssein nicht im Vordergrund steht, und dass sie nun ihre Kompetenzen endlich optimal einsetzen können.
„Der starke IT Background beider Talente sowie ihre Fähigkeit ausdauernd und fokussiert sich einem Thema zu widmen, waren für uns bei der Einstellung ausschlaggebend. Ihr frischer Blick und ihr rationaler Ansatz, den sie täglich an den Tag legen, helfen uns, unsere Themen noch strukturierter anzugehen,“ zieht Tina Grohmann eine erste Bilanz.
Abgerundet wurde das Programm mit einem Ausblick Richtung Zukunft bzw. einer harten Analyse von gängigen Zukunftsprognosen. Promovierter Paläobiologe und Denker Johannes Klietmann zog ein hoffnungsfrohes Resume: Wir sind dann im Fahrersitz der Digitalisierung, wenn wir nicht nur den Umgang mit Daten meistern, sondern vor allem auch die richtigen Fragen stellen. Der Ball liegt also bei uns.
Die zahlreichen Impulse des Abends regten noch viele spannende Gespräche an. Umrandet wurde der gemeinsame, motivierende Austausch und angenehme Ausklang von einem äußerst wohlschmeckenden Büffet das die Gäste verwöhnte.